Accra (Ghana), 06.03.2007 – Heute vor 50 Jahren wurde Ghana von der britischen Kolonialmacht unabhängig. An diesem historischen Datum erreichen die Feierlichkeiten im Unabhängigkeitsjahr ihren Höhepunkt. In der gestrigen Nacht versammelten sich Tausende auf dem Unabhängigkeitsplatz im Zentrum der Hauptstadt Accra, wo die Ausrufung der Unabhängigkeit feierlich wiederholt wurde und zum genauen Zeitpunkt des goldenen Jubiläums ein Feuerwerk entzündet wurde. Das ganze Jahr hindurch werden in allen Teilen des Landes Veranstaltungen zur Erinnerung an das geschichtliche Ereignis stattfinden.
An den Festlichkeiten in Ghana nehmen mehr als 20 Staats- und Regierungschefs teil, unter ihnen Thabo Mbeki, der Staatspräsident Südafrikas, Robert Mugabe, der Präsident Simbawes, und der nigerianische Präsident Olusegun Obasanjo. Als Vertreter der ehemaligen Kolonialmacht reiste der Herzog von Kent zu den Feiern. Der ehemalige ghanaische Präsident Jerry Rawlings boykottiert den Festakt „BBC News“ zufolge. Auch bekannte Persönlichkeiten wie der ehemalige brasilianische Fußballspieler Pelé und der Sänger Stevie Wonder sind bei den Jubiläumsfeiern anwesend. Stevie Wonder wird seinen ursprünglich Martin Luther King gewidmeten Song „Happy Birthday“ in einer speziellen Version für Ghana vortragen. Außerdem wird es Lesungen und eine Parade geben. Am heutigen Nachmittag wird in den Straßen des Landes weiter gefeiert werden. Laut „allAfrica.com“ wird an einem Veranstaltungsort ein 380-Meter langer Tisch aufgebaut, auf dem mehr als 450 Speisen aus allen zehn Regionen des Landes Platz finden sollen. Im ganzen Land wurde die rot-gelb-grüne Landesfahne gehisst.
Die Feiern wurden in Ghana wegen ihrer Kosten kritisiert. Die Regierung verwendet für das zwölfmonatige Festprogramm mit dem Motto „Afrikas Vorzüglichkeit verfechten“ über 12,5 Millionen Euro. Vorwürfen, man hätte das Geld besser investieren können, begegnet die Regierung mit dem Argument, es werde keine ganzjährige protzerische Party geben. Stattdessen würden Einrichtungen und Projekte finanziert, die auch in Zukunft wichtig für die Würde und den Fortschritt des Landes seien. Die größte Oppositionspartei, der „National Democratic Congress (NDC)“, und die „Convention People’s Party“ haben sich im Vorfeld darüber beschwert, nicht in die Planungen für die Feiern einbezogen worden zu sein. Oboshie Sai Cofie, die Informationsministerin Ghanas, entgegnete dem in einem Interview mit „Voice of America“, sie glaube, ein derartiges Programm müsse von der Regierung geplant werden.
Großbritannien übergab am 5. März 1957 nach 80 Jahren Kolonialherrschaft die Macht formell an den Führer der friedlichen ghanaischen Unabhängigkeitsbewegung, Kwame Nkrumah. Um Mitternacht wurde der Union Jack auf dem alten Poloplatz eingeholt, bevor die ghanaische Flagge begleitet vom Schlagen der Kirchenglocken feierlich gehisst wurde. Am 6. März hielt Kwame Nkrumah in seiner Funktion als erster Ministerpräsident des unabhängigen Ghanas eine Rede, in der er sagte: „Der Kampf ist nun endlich zu Ende. Und Ghana, eure geliebte Heimat, ist frei für immer.“ Im Zuge der Dekolonialisierung legte das westafrikanische Land den Namen „Goldküste“ ab und benannte sich nach dem alten Reich von Ghana. Großbritannien hatte das Land 1874 nach acht Kriegen gegen die Ashanti zur Kronkolonie erklärt. Die Briten gewährten der Bevölkerung des Landes ab der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg begrenzte politische Rechte. Zeitungen und unabhängige Schulen konnten gegründet werden. Auch die Gründung der „Convention People’s Party“ durch Kwame Nkrumah, der 1952 Premierminister des Landes wurde, war zugelassen worden. Das Amt des Premierministers war zu dieser Zeit aber lediglich auf repräsentative Aufgaben beschränkt.
Kwame Nkrumah, der das Land nach dem Vorbild sozialistischer Staaten umstrukturierte, wurde 1966 durch einen Militärputsch, der von der CIA unterstützt wurde, aus dem Amt gedrängt. In den nächsten 20 Jahren folgten weitere Putsche. In den 1980-er Jahren regierte Jerry Rawlings das Land, der durch einen Militärputsch an die Macht kam und wirtschaftsliberale Veränderungen nach den Forderungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) durchführte. In der Medienberichterstattung wird von Ghana heute häufig das Bild eines Musterlandes hinsichtlich Demokratie und Marktwirtschaft gezeichnet, während es weiterhin Korruption, Analphabetismus und Armut gibt; etwa die Hälfte der Ghanaer leben in Armut. Weitere Probleme sind die Abhängigkeit der Wirtschaft von wenigen Primärgütern wie Kakao und Gold und die Abwanderung von Fachkräften.
Die Unabhängigkeit Ghanas hatte einen hohen symbolischen Wert, weil es das erste Land in Subsahara-Afrika war, das sich von seiner europäischen Kolonialmacht löste. Ein Sonderfall ist der Sudan, der 1956, also noch vor Ghana unabhängig wurde. Diesem Ereignis wird im Vergleich zur Unabhängigkeit Ghanas ein geringer Symbolwert zugesprochen. So erklärte Südafrikas Präsident Thabo Mbeki am 3. März dieses Jahres in einer Internetkolumne, dass die Unabhängigkeit Ghanas eine Aufmunterung für die afrikanischen Unabhängigkeitsbewegungen gewesen sei, die sich Kwame Nkrumahs Parole „immer vorwärts, niemals zurück“ zu eigen gemacht hätten.